sNutri score

Im November wurde in Deutschland eine freiwillige Nutzung des in Frankreich entwickelten „Nutri-Score“ zugelassen. Doch wie sieht das mit der vereinfachten Nährwertinformation bei Lebensmitteln im Rest von Europa aus?

 

Einen Vorgeschmack auf den Diskussionsprozess hinsichtlich einer europaweit einheitlichen Lebensmittelkennzeichnung gab die Delegation der schwedischen Nationalen Lebensmittelbehörde auf dem Europäischen Food Forum (EFF). Schweden ist gegen eine Harmonisierung und befürwortet ein Nebeneinander von verschiedenen regionalen Kennzeichnungssystemen. Schweden mag nun nicht der Wortführer innerhalb der EU sein, aber auch andere Länder sind gegenüber der französischen Nutri-Score-Initiative noch skeptisch.

 

Italien befürchtet eine Diskriminierung seiner nationalen Spezialitäten wie z.B. dem Hartkäse Parmigiano Reggiano oder hochwertigen Olivenöl - weltweit als hochwertige Lebensmittel geschätzt (Stichwort Mittelmeer-Diät). Die Kritik an der Einstufung im Nutri-Score nach der aktuellen Berechnungsgrundlage ist verständlich und weist darauf hin, dass das System noch Verbesserungspotential besitzt. Italien wünscht sich eine neue Diskussion auf der Ebene der europäischen Länder, die das französische System derzeit nutzen. Das sind neben Frankreich aktuell Belgien, die Niederlande, Spanien, Portugal, die Schweiz und Deutschland. Italien würde im Falle einer Nutri-Score-Revision nicht grundsätzlich auf seinem bisherigen Nutrinform-Batterie Logo beharren. In Polen wurde das Nutri-Score-Label indirekt über die großen französischen Einzelhandelsgruppen wie Carrefour und Auchan eingeführt, die eine starke Marktposition im Land haben.

 

In Österreich ist es erlaubt, Produkte mit Nutri-Score-Label zu verkaufen, die außerhalb Österreichs produziert wurden und den EU-Richtlinien entsprechen. Auch Lebensmittel von österreichischen Produzenten für den Export dürfen das Logo tragen, aber österreichische Produkte, die in Österreich verkauft werden, dürfen noch nicht mit dem Nutri-Score-Label gekennzeichnet werden, da die nationale Rechtsgrundlage noch fehlt.

 

Ob die Finnen (Herzsymbol), Slowenen (kleines Herz-Logo) und die Kroaten (gesundes Leben-Zeichen) sich den europäischen Harmonisierungsbestrebungen widersetzen würden, ist nicht bekannt. Eher unwahrscheinlich ist dagegen, dass Schweden, Norwegen, Dänemark, Island und Litauen vom Schlüsselloch-Kennzeichnungsprojekt lassen werden. Schweden hatte das System schon vor 30 Jahren eingeführt und daher ist es im skandinavischen Verbraucherbewusstsein verankert.

 

England und Irland verwenden seit längerem die Lebensmittelampel. Nachdem das Vereinigte Königreich schon immer eher den nationalen Alleingang bevorzugt hat und nach dem Brexit sich nun erst recht aus derartigen Harmonisierungsprojekten verabschiedet, dürfte es den Iren hingegen leichter fallen, sich mit einem harmonisierten kontinental europäischen System anzufreunden und damit auch ein politisches Zeichen zu setzen.

 

Internationale Lebensmittelmultis hatten sich zwar zu Anfang gegen die zusätzlichen freiwilligen Nährwertlogos gewehrt, befürchteten sie negative Auswirkungen auf beliebte Markenartikel, so sind MARS, Nestlé und Co. mittlerweile starke Befürworter einheitlicher europäischer Kennzeichnungsregeln. Das ist nur zu verständlich, bedeutet doch jede nationale Sonderregel einen immensen zusätzlichen Aufwand und höhere Kosten für die Unternehmen.

 

Auch wir als europaweit agierender Anbieter von Labordienstleistungen für die Lebensmittelbranche plädieren für eine Harmonisierung und nachvollziehbare Standards. Die ersten Erfahrungen mit den Nutri-Score-Berechnungen lassen erkennen, dass das System durchaus seine Tücken hat. In Zukunft sind Anpassungen der Bewertungsformeln zu erwarten.

 

Ihr PLUS: Unsere Fachleute haben sich intensiv mit der Nutri-Score-Berechnung auseinandergesetzt. Wir helfen Ihnen im Rahmen der Nährwertanalyse und Kennzeichnungsprüfung auch bei der korrekten Einstufung der Produkte, die nicht immer so einfach ist, wie es die kostenlos zum Download angebotenen Berechnungsprogramme erwarten lassen.

 

 

Autor: Dr. Frank Mörsberger