Letzten Monat wurde im EU-Schnellwarnsystem RASFF eine Warnung vor gentechnisch veränderter Papaya veröffentlicht. Möglicherweise waren wir das Labor, das diese unzulässige Beimischung in einem Beutel mit frischen Papayawürfeln entdeckt hat.
Vor einigen Wochen wurde uns eine Probe Papaya-Fruchtzubereitung unbekannter Herkunft zur Untersuchung zugesandt. Der Auftrag umfasste die Untersuchung auf gentechnisch veränderte Papaya. Unser empfindliches PCR-Screening-System zeigte eindeutig, dass diese Fruchtzubereitung Anteile von gentechnisch veränderter Papaya enthalten musste. Weitere interne Untersuchungen ergaben, dass es sich um die in Taiwan entwickelte GVO-Papayasorte "16-0-1" in der Mischung handelte.
Die amtlichen Untersuchungen der letzten Jahrzehnte haben gezeigt, dass Papaya gentechnisch verändert ist. Gerade am Drehkreuz Frankfurt am Main werden immer wieder Sendungen mit GVO-Papaya entdeckt und zurückgewiesen, da der Import von GVO-Papaya in die EU verboten ist.
Papayas sind eigentlich Beerenfrüchte, die an hohen, baumartigen Pflanzen wachsen. Sie stammen ursprünglich aus Mittelamerika und gedeihen gut in tropischen Klimazonen. Heute werden Papayas in Asien, Afrika und Amerika angebaut. Papayapflanzen sind anfällig für verschiedene Schädlinge, darunter die Weiße Fliege, verschiedene Würmer, Heuschrecken, Blatt- und Schildläuse. Insekten können auch Krankheiten übertragen. Eine der größten Bedrohungen für den Anbau ist der Krankheitserreger Papaya-Ringspot-Virus (PRV), der von Blattläusen verbreitet wird, wenn diese von einer Pflanze zur nächsten wandern. Eine mit PRV infizierte Papayapflanze entwickelt verfärbte und gesprenkelte Blätter und leidet unter Kümmerwuchs. Junge Pflanzen können schnell absterben, während ältere Pflanzen kleine Mengen minderwertiger Früchte mit charakteristischen „Ringspot"-Markierungen hervorbringen. PRV ist ein weltweites Problem für Papaya-Plantagen.
Die Papaya wurde erstmals um 1800 auf den Hawaii-Inseln eingeführt. Der kommerzielle Anbau begann im darauffolgenden Jahrhundert. In den 1950er Jahren wurde in kommerziellen Plantagen auf Oahu, einer Insel des Hawaii-Archipels, die das Papaya Ringspot Virus entdeckt. Die Papaya-Produktion wurde auf eine andere Insel verlagert, um dem Erreger zu entkommen, doch diese Strategie war nicht von Erfolg gekrönt. Bis Mitte der 2000er Jahre war die hawaiianische Papayaproduktion aufgrund von PRV um mehr als 50% zurückgegangen. Forscher der Universität von Hawaii suchten nach einer Lösung zum Schutz der Papaya-Industrie und wandten sich der Biotechnologie zu. Sie schleusten virale Gene in die Papaya ein, um sie wie durch eine Impfung gegen PRV resistent zu machen. PRV-resistente GV-Papayas sind in den USA als rotfleischige SunUp- und gelbfleischige Rainbow-Sorten erhältlich. Nach der Zulassung durch die US-Behörden im Jahr 1996 wurden die GVO-Papayas schnell von den kommerziellen Erzeugern übernommen. In der EU war und ist der Import von GVO-Papayas jedoch verboten.
In den letzten Jahren wurden neue GVO-Papayasorten entwickelt, da sich das Virus verändert hat und die eingeführten Resistenzen vor allem in asiatischen Gebieten keine Wirkung zeigten. So wurde 2006 in China die Papaya Huanong No. 1 zum Anbau zugelassen und in Taiwan wurden die GVO-Papaya 16-0-1 und 18-2-4 entwickelt.
Mit der 16-0-1 hatten wir es diesmal zum ersten Mal zu tun. Das Ergebnis wurde dem Kunden sofort mitgeteilt. Das Labor unterliegt in diesem Fall (noch) keiner besonderen Meldepflicht. Der Inverkehrbringer ist jedoch verpflichtet, das Ergebnis selbst den zuständigen Behörden zu melden. Dies dürfte zu der eingangs erwähnten europäischen Warnmeldung geführt haben.
IHR PLUS: Dieses Beispiel zeigt die Leistungsfähigkeit unseres molekularbiologischen Labors in Kiel. Ein hochkompetentes Team liefert täglich zuverlässige Ergebnisse. Dieser Fall unterstreicht auch die Relevanz der monatlichen Zusammenfassung der RASFF-Warnmeldungen im AGROLAB RADAR. Ein relevanter Meldefall kann ein wichtiges Signal für temporär verstärkte Eigenkontrollen bei kritischer Rohstoffherkunft sein.
Autoren: Anja Palisch, AGROLAB LUFA; Dr. Frank Mörsberger AGROLAB GROUP