Krustentiere

Unsere Molekularbiologie-Abteilung der AGROLAB LUFA in Kiel konnte ihr Angebot an Identifizierungsmethoden erfolgreich erweitern. Mit Hilfe des neuen DNA-Sequenzierungsverfahrens können nun auch Krusten- oder Krebstiere (Crustaceae) eindeutig und schnell identifiziert werden. Das akkreditierte Verfahren hilft, mögliche Falschdeklarationen sicher als solche zu erkennen.

 

Die Krebs- und Krustentiere umgangssprachlich auch „Krebse“ genannt, stellen mit über 50.000 bekannten Arten eine ökologisch und ökonomisch sehr bedeutsame Gruppe dar. Viele Arten haben große kommerzielle Bedeutung in der Fischerei oder werden intensiv in Aquakulturen gezüchtet.

 

Trotz des hohen Aquakulturanteils ist der Fischereidruck auf wild lebende Krebstiere nach wie vor hoch. Die artenreichste Gruppe der Krebstiere sind die Zehnfußkrebse (Decapoda). Sie umfasst die kommerziell relevanten Arten und Artgruppen wie Flusskrebse, Hummer, Krabben, Langusten und Garnelen.

 

Sprachlich herrscht hier jedoch große Verwirrung. So ist die umgangssprachlich als „Krabbe“ bezeichnete Delikatesse zoologisch gesehen gar keine Krabbe. Die korrekte Bezeichnung für das als „Krabbe“ bezeichnete Tier ist Nordseegarnele (Crangon crangon). Aber auch die Bezeichnung „Garnele“ ist kein zoologisch definierter Begriff, sondern fasst lediglich verschiedene Arten nach äußeren Merkmalen zusammen. Garnelen, wie z.B. die Nordseegarnele, werden oft geschält verkauft und haben im Gegensatz zu den echten Krabben keine Scheren. Je nach Herkunftsland heißen die kleinen rosa Garnelen auch Shrimps, Prawns (englisch), Cameron (spanisch) oder Krevetten (vom frz. Wort "crevettes"). Auch die anderen im Handel erhältlichen Krebstiere, wie z. B. Gambas, King Prawns, Tiger Prawns, Eismeershrimps, werden zu den Garnelen gezählt. Der Taschenkrebs, von dem die häufig angebotenen Scheren stammen, ist dagegen eine echte Krabbe. Und auch hummerartige Meerestiere mit Scheren wie Scampi (Kaisergranat, auch Norwegischer Hummer oder Languste genannt), Hummer und Langusten gehören nicht zu den Garnelen, sondern zu anderen Krebstiergattungen.

 

Im Jahr 2015 deckte der NDR mehrere Betrugsfälle in Restaurants auf, die mit Scampi (Kaisergranat) auf der Speisekarte warben. In drei Fällen handelte es sich um Vertreter der Art Penaeus monodon, auch Riesengarnele genannt. Zweimal handelte es sich um die Art Litopenaeus vannamei, die unter anderem als „Weiße Garnele“ (White Shrimp) angeboten wird. Da Scampi einen deutlich höheren Preis haben, lag der Verdacht nahe, dass hier nicht nur eine sprachliche Verwechslung vorlag.

 

Zuverlässige Artnachweismethoden sind daher unerlässlich, um mögliche Falschdeklarationen durch unwissentliche Fehlbenennungen oder auch bewusste Täuschungen bei Krustentieren aufzudecken.

 

Die Methode der Wahl ist hier die DNA-Sequenzierung. Bei der DNA-Sequenzierung wird ein bestimmter DNA-Abschnitt eines Gens vervielfältigt, um die Abfolge der DNA-Basen innerhalb einer Sequenzierungsreaktion zu bestimmen. Die ermittelte Basensequenz wird in eine öffentliche Sequenzdatenbank im Internet eingegeben und mit einer Vielzahl von Sequenzen bekannter Arten verglichen. Die Art, die eine eindeutige Sequenzhomologie mit der verwendeten Sequenz aufweist und sich signifikant von den anderen Arten unterscheidet, entspricht dann der gesuchten Art.

 

Die offizielle Kontrollmethode in der Amtlichen Sammlung von Untersuchungsmethoden für die Identifizierung von Krebstierarten basiert auf der Sequenzierung eines Fragments der 16S ribosomalen DNA (16S rDNA).

 

Dieses amtliche Prüfverfahren weist jedoch einige Mängel auf, z. B. können einige Arten mit diesem System nicht identifiziert werden. Außerdem ist das Fragment mit 312 Basenpaaren relativ kurz, wodurch die Zuverlässigkeit der Identifizierung geringer ist als bei längeren Fragmenten. Daher wurden im Rahmen des EU-Projektes SEATRACES  am Max-Rubner-Institut (MRI) andere Sequenziersysteme getestet.

 

Eines dieser Sequenziersysteme basiert auf dem cox1-Gen und amplifiziert einen DNA-Abschnitt von ca. 660 Basenpaaren. Dieses System erwies sich in der Validierung als besser geeignet und wurde daher vom MRI als NWIP (New Work Item Proposal) als Vorschlag für ein neues Standardisierungsprojekt zur Bearbeitung durch ein Standardisierungsgremium und zur Standardisierung auf CEN-Ebene eingereicht.

 

IHR PLUS: Dieses System wurde auch von AGROLAB LUFA intern validiert und für geeignet befunden, Krebstiere in Rohwaren und Rohprodukten sicher zu bestimmen. Durch die Kombination mit einem seit letztem Jahr etablierten Gerätesystem zur kapillarbasierten, schnellen DNA-Sequenzierung erweitert die AGROLAB LUFA damit ihr Portfolio neben der Fisch- und Thunfischartenbestimmung nun auch um die Krebstierartenbestimmung. Die Bearbeitungszeit liegt bei nur 72h gerechnet ab Probeneingang.

 

Autorinnen: Anja Palisch & Dr. Anika Bruhs (AGROLAB LUFA)